Geschäftsmodelle der Zukunft für die Vermögensverwaltung in Deutschland und der Schweiz
«Eine Analyse des Status-Quo und Entwicklungen in Deutschland und in der Schweiz»
Dieser Blogbeitrag ist eine Zusammenfassung der Studie: Geschäftsmodelle der Zukunft für die Vermögensverwaltung in Deutschland und der Schweiz. «Eine Analyse des Status-Quo und Entwicklungen in Deutschland und in der Schweiz», verfügbar unter dem folgenden Link.
Das BEI hat in den letzten Monaten die zukünftigen Geschäftsmodelle der Vermögensverwaltungen in Deutschland und der Schweiz analysiert und als Studie veröffentlicht. Dabei wurden Interviews mit Vermögensverwaltern geführt und als Ergebnis Handlungsempfehlungen und Geschäftsmodelle der Zukunft definiert. Ziel dieser Studie war es, den aktuellen Stand sowie die zukünftigen Entwicklungen zu verstehen und zu analysieren.
Grundsätzlich nimmt die Vermögensverwaltung eine essenzielle Rolle im Finanzmarkt ein und wird als zentrale Dienstleistung im Private Banking betrachtet, die auf die Verwaltung, Optimierung und Planung von Vermögen für private und institutionelle Kunden abzielt. Dabei umfassen die Dienstleistungen strategische Vermögensanlagen, Kundenmanagement und zusätzliche Serviceangebote, um eine ganzheitliche Kundenbetreuung zu gewährleisten.
Um effektive Produkte und Services der Zukunft umzusetzen, ist es entscheidend, mehrere Schlüsselaspekte zu betrachten. Dazu zählen:
- Marktteilnehmer
- Geschäftsmodell
- Endkunde
- Markteinflussfaktoren.
Die Marktteilnehmer
Der Markt für Vermögensverwaltungen in Deutschland und der Schweiz ist durch eine Vielzahl von Marktteilnehmern wie Depotbanken, traditionelle Banken, unabhängige Vermögensverwalter (VV) und spezialisierte Provider geprägt. Diese Akteure bieten unterschiedliche Produkte und Serviceangebote an, um den vielfältigen finanziellen Bedürfnissen ihrer Kunden gerecht zu werden. Die Studie hebt hervor, dass die Marktteilnehmer der klassischen Vermögensanlage sich den verändernden Marktbedingungen und des Umfeldes (z.B. Digitalisierung, oder Generationenwandel) bewusst sein muss, um sich dort zurecht zu finden. Die Abbildung 1 stellt die Beziehung zwischen den Akuteren dar.
Abbildung 1: Rollen und Leistungsbeziehungen im Markt für Vermögensverwaltungen
Quelle: Angelehnt an Schaefer & Zerndt (2024)
Das Geschäftsmodell
Die Vermögensverwaltung umfasst diverse Geschäftsbereiche wie z.B. das Privatkundengeschäft oder Institutionelles Asset Management. Diese richten sich beispielsweise auf das Management und die Beratung für traditionellen Anlageformen wie Aktien und Anleihen über Asset Manager. Hierbei gewinnen beispielsweise Hybridlösungen, die traditionelle Beratung mit digitalen Plattformen kombinieren, zunehmend an Bedeutung. Die hybriden Modelle zielen darauf ab, den Komfort digitaler Tools mit der persönlichen Note der klassischen Beratung zu verbinden, um eine breitere Kundengruppe anzusprechen. Daher erfordert die Gestaltung effektiver Geschäftsmodelle in der Vermögensverwaltung ein tiefes Verständnis der verschiedenen Dimensionen eines Geschäftsmodells (siehe Abb. 2) von dem Nutzenversprechen und der Ertragsmechanik zu dem Design der Aktivitäten und deren Steuerung. Das Nutzenversprechen ist der Wert den ein Produkt oder ein Service für den Kunden schafft, wobei die Ertragsmechanik beschreibt wie ein Unternehmen damit Gewinne erwirtschaftet. Das Design und die Steuerung der Aktivitäten umfasst die Planung, Organisation und Steuerung, die notwendig sind, um das Geschäftsmodell effektiv umzusetzen, mit dem Ziel den versprochenen Wert zu schaffen und die Erträge zu erwirtschaften mithilfe zentraler Ressourcen die physisch, intellektuell, menschlich oder finanziell sein können (Müller-Stewens & Lechner, 2016). In der Studie werden konkrete Beispiele vorgestellt.
Abbildung 2: Dimensionen eines Geschäftsmodells
Quelle: Angelehnt an Müller-Stewens & Lechner (2016)
Um am Markt für Vermögensverwaltungen Wachstum zu erzielen hat die Analyse der Studienumfragen gezeigt, dass dabei drei der fünf Wachstumsstrategien nach Lechner (2006) durch die Vermögensverwaltungen in Betracht gezogen werden. Diese werden mithilfe der 5×3 Matrix entlang der Dimension «Mechanismen des Wachstums» systematisiert. Die Strategien können wie folgt definiert werden:
- Wachstum des Kerns: Dies umfasst die Ausweitung der Kerndienstleistungen durch Kapazitätserweiterung, Multiplikation (z.B. Erschließung neuer Regionen) oder Granulierung (z.B. Feinsegmentierung des bestehenden Geschäfts). Beispielsweise könnte dies durch den Ausbau der Beratungskapazitäten oder die Einführung neuer Anlageklassen geschehen.
- Wachstum anliegend an den Kern: Diese Strategie beinhaltet die vorgelagerte oder nachgelagerte Integration weiterer Dienstleistungen sowie die Erschließung neuer Vertriebskanäle. Im Zuge des Generationswechsels und der zunehmenden Digitalisierung gewinnen Omni-Channel-Vertriebswege an Bedeutung. Dies kann durch die Entwicklung eigener digitaler Plattformen oder durch Partnerschaften adressiert werden, um neue Zielgruppen anzusprechen.
- Wachstum durch fähigkeitsverbundene Diversifikation: Diese Strategie zielt darauf ab, das Leistungsspektrum durch die Erschließung vollständig neuer Geschäftsbereiche zu diversifizieren. Dies kann beispielsweise die Erweiterung des Angebots im Bereich technischer Infrastruktur oder Software umfassen. Obwohl diese Strategie risikoreicher ist, bietet sie die Möglichkeit, neue Märkte zu erschließen und innovative Dienstleistungen anzubieten.
Abbildung 3: 5×3 Matrix der Wachstumsstrategien und Einordnung im Rahmen der Analyse
Quelle: Angelehnt an Lechner (2006)
Der Endkunde
Die Studie betrachtet ausschliesslich «vermögende» Anleger». Die Anleger sind vielseitig von der Risikoaffinität zu den gewünschten Anlagestrategien. Daher ist ein tiefes Verständnis der Kundendemografie und -bedürfnisse für die Vermögensverwalter unerlässlich. Dabei erlebt der Markt einen Generationswechsel, wobei Millennials und die Generation X immer mehr an Bedeutung gewinnen. Diese jüngeren Kunden haben andere Vorstellungen an die Vermögensverwaltung als die älteren Generationen. Sie bevorzugen häufig eine Mischung aus Selbstbestimmung und individueller Beratung, was die Einführung datengesteuerter und digitaler Lösungen notwendig macht.
Die Markteinflussfaktoren
Technologische Fortschritte (z.B. Cloud Computing oder Künstliche Intelligenz), regulatorische Veränderungen (z.B. Open Banking) und demografische Trends treiben die Entwicklungen im Markt für Vermögensverwaltungen voran. Die Integration von ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) in Anlagestrategien wird immer wichtiger, und die Verbreitung digitaler Beratungslösungen nimmt zu. Marktteilnehmer müssen ihre Geschäftsmodelle und Dienstleistungen kontinuierlich anpassen, um diese Veränderungen erfolgreich zu meistern. Die Studie betont, dass sowohl defensive als auch offensive Strategien notwendig sind, um den Wettbewerbsvorteil zu sichern und den sich wandelnden Marktbedingungen gerecht zu werden. Defensive Strategien sind beispielsweise der Schutz von Kundendaten und offensive Strategien beispielsweise das Anbieten von personalisierten Produkten und Dienstleistungen, um die Kundenzufriedenheit zu erhöhen.
Handlungsempfehlungen und zukünftige Geschäftsmodelle
Die Studie liefert auf Basis der Geschäftsmodelldimensionen (siehe Abb. 2) und Wachstumsstrategien mehrere Handlungsempfehlungen, um Marktakteure bei der Entwicklung zukünftiger Geschäftsmodelle zu unterstützen. Dazu zählen:
- Hybride Vermögensverwaltung: Die Kombination aus traditioneller Beratung und digitalen Komponenten sollte verstärkt berücksichtigt werden, um den Bedürfnissen der neuen Generation gerecht zu werden. Transparente Preisgestaltung und die Kommunikation der Mehrwerte sind hierbei essenziell.
- Individuelle Kundenberatung und Selbstbestimmung: Vermögensverwalter sollten Kunden durch Bildungsmaßnahmen wie Webinare und Schulungen in die Lage versetzen, informierte Anlageentscheidungen zu treffen sowie durch die Nutzung von digitalen Tools wie Mobile Apps und Kundenportale die Selbstbestimmung der Kunden unterstützen.
- Affluent-Segment: Das zwischen Retail und Private Banking angesiedelte Affluent-Segment bietet großes Potenzial. Marktteilnehmer sollten dieses Segment durch spezielle Produktangebote und Omnichanneling stärker ansprechen.
- Kooperationen mit Depotbanken: Intensivere Zusammenarbeit mit Depotbanken kann helfen, IT-Kosten zu senken und den Zugang zu spezialisierten Fachkräften zu erleichtern. Diese Kooperationen fördern die Entwicklung innovativer Technologien und Dienstleistungen.
- Produktgestaltung: Eine klare und transparente Produktgestaltung ist entscheidend, um Kunden ein bestmögliches Erlebnis zu bieten. Kontinuierliche Anpassungen basierend auf Kundenfeedback und transparenter Kommunikation sind notwendig, um die Kundenzufriedenheit und -bindung zu steigern.
Fazit
Der Markt für Vermögensverwaltung in Deutschland und der Schweiz bietet beträchtliche Wachstumschancen, erfordert zugleich auch die kontinuierliche Betrachtung der Marktentwicklungen und digitale Innovationen. Die Integration hybrider Geschäftsmodelle, die Fokussierung auf die Bedürfnisse der neuen Generationen und die Zusammenarbeit mit Depotbanken sind wesentliche Strategien, um in diesem dynamischen Umfeld erfolgreich zu sein. Durch die Umsetzung der empfohlenen Maßnahmen können Vermögensverwalter ihre Position stärken und langfristig wettbewerbsfähig bleiben.
Referenzen
C. Lechner (2006). Lernen, Wachstum zu managen. IO new management : Zeitschrift für Unternehmenswissenschaften und Führungspraxis, Nr. 4.
G. Müller-Stewen & C. Lechner, (2016). Strategisches Management. Wie strategische Initiativen zum Wandel führen. 5. Auflage. Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart.
B. Schaefer & T. Zerndt, (2024). Geschäftsmodelle der Zukunft für die Vermögensverwaltung in Deutschland und der Schweiz. https://www.bei-sg.ch/_files/ugd/1ae519_be298464fcd247b5b385c9ebf8af5952.pdf
- Fünf Cloud-Mythen über Kernbankensysteme (Artikel 3) - 12.11.2024
- Fünf Cloud-Mythen über Kernbankensysteme (Artikel 2) - 29.10.2024
- Fünf Cloud-Mythen über Kernbankensysteme (Artikel 1) - 15.10.2024