
„Work smarter“ – Business Process Automation zur Optimierung von Abläufen und Steigerung der operativen Effizienz (Teil 2)
„Work smarter“ – Business Process Automation zur Optimierung von Abläufen und Steigerung der operativen Effizienz (Teil 2)
Dieser Artikel ist der letzte Beitrag einer Serie zu Business Process Automation (BPA) und baut auf dem im letzten Beitrag vermittelten grundlegenden Wissen über BPA auf. Ziel ist es, Leserinnen und Lesern das Konzept Hyperautomation zu erläutern, sowie dessen Einsatzbereiche und Nutzen näher zu bringen.
Die digitale Transformation fordert Unternehmen kontinuierlich heraus, ihre Geschäftsprozesse durch Technologien weiterzuentwickeln (Gersch et al., 2020). Ein vielversprechendes Konzept, welches dabei zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist Hyperautomation. Gartner prägte diesen Begriff erstmals 2019 (Haleem et al., 2021) und definiert ihn als einen geschäftsorientierten und strukturierten Ansatz, mit dem Unternehmen zahlreiche Geschäfts- und IT-Prozesse rasch identifizieren, bewerten und automatisieren können. Dabei werden eine Kombination von verschiedenen Automatisierungstechnologien wie Künstliche Intelligenz (KI), ereignisgesteuerte Software-Architekturen, Robotic Process Automation (RPA), Business Process Management (BPM), intelligente BPM-Plattformen (iBPMS), Integrationsplattformen als Service (iPaaS), Low-Code-/No-Code-Lösungen sowie spezialisierte Lösungen zur Automatisierung von Entscheidungen, Prozessen und Aufgaben genutzt (Gartner, 2025). Ziel ist es, sämtliche Prozesse, die automatisiert werden können, zu automatisieren (Jiménez-Ramírez, 2021), womit es sich von den ersten drei, im letzten Beitrag erläuterten, Automatisierungsstufen (Task-, Workflow-, User Automation) abgrenzt und zur «Prozess-Autonomisierung» beiträgt. Jüngste Daten unterstreichen zudem den wirtschaftlichen Nutzen von Hyperautomation. Eine Studie von Bain & Company mit 893 Führungskräften zeigt, dass Unternehmen, die mehr als 20% ihres IT-Budgets in Automatisierung investieren, ihre Prozesskosten im Schnitt um 22% senken, während Unternehmen, welche unter 5% das Budget verwenden lediglich 8% erreichen (Heric et al., 2024).
Was sind zentrale Aspekte von Hyperautomation?
Um Hyperautomation weiter abzugrenzen, können die von Mathew et al. (2023) definierten Merkmale verwendet werden:

Technologieintegration. Wie bereits beschrieben ist ein Merkmal von Hyperautomation die Verknüpfung verschiedener Technologien, wie z.B. RPA und AI oder Process Mining. Durch diese Integration lassen sich komplexe Geschäftsprozesse, wie z.B. ein Kreditgenehmigungsprozess von der Kundenprüfung bis zur Auszahlung ganzheitlich automatisieren.
Skalierbarkeit. Hyperautomation bietet eine hohe Skalierbarkeit. Unternehmen können Automatisierung nicht nur punktuell, sondern abteilungs- und standortübergreifend einsetzen. Hierfür kann beispielsweise eine Intelligent Business Process Management Suite (iBPMS) verwendet werden, welches die Agilität und Intelligenz von Geschäftsprozessen erhöht, indem es Low-/No-Code-Funktionen zum Anpassen der Lösungen sowie KI und Analytik-Services zum Optimieren von laufenden Prozessen in Echtzeit einsetzt. So ermöglicht eine Cloud-basierte iBPMSArchitektur, Workflows per Klick von einem Standort auf den nächsten auszurollen, ohne neue Infrastruktur aufsetzen zu müssen (TIBCO, 2025).
Anpassungsfähigkeit. Hyperautomation ist flexibel und dynamisch anpassbar. Hierfür können neben iBPMS z.B. Low-Code-Plattformen verwendet werden, welche nicht-technischen Mitarbeitern die eigenständige Entwicklung von Anwendungen ermöglichen, Entwicklungsprozesse beschleunigen und Kosten senken (Sanchis et al., 2019). So können Unternehmen ihre Automatisierungsstrategie kontinuierlich an veränderte Anforderungen und Zielsetzungen anpassen, beispielsweise bei regulatorischen Änderungen.
Prozess-Transparenz. Echtzeit-Transparenz ist ein weiteres zentrales Merkmal. Unternehmen erhalten laufende Einblicke in den Status automatisierter Prozesse, was das Monitoring, die Steuerung und die kontinuierliche Verbesserung erheblich erleichtert. Hyperautomation mit Process Mining schafft dies, indem es aufzeigt, wie der Prozess in der Praxis ausgeführt wird, was direkte Vergleiche zwischen Soll- und Ist-Prozessen ermöglicht (Saylam, 2013).
Intelligenz & Lernfähigkeit. Der Einsatz von KI und maschinellem Lernen sorgt dafür, dass Hyperautomation kontinuierlich dazulernt. Automatisierungsstrategien können dadurch nicht nur stabil laufen, sondern laufend optimiert werden – ein klarer Vorteil gegenüber rein regelbasierten Systemen.
Beispielhafte Use-Cases im Finanzsektor
Im Finanzsektor, welcher geprägt ist von komplexen Prozessen und Regularien, findet Hyperautomation beispielsweise in den folgenden Bereichen Anwendung (Safar 2025):

- Scannen von Dokumenten. KI-gestützte Workflows erfassen strukturierte wie unstrukturierte Inhalte (z.B. Checkboxen, handschriftliche Notizen, Bilder) und konsolidieren sie automatisiert in einem Prozess. So konnte die Deutsche Bank beispielsweise die Prozesseffizienz m Bereich der Unternehmensfinanzierung steigern sowie auch menschliche Fehler verringern (Dewald,2024).
- Automatisierte Berichterstattung. End-to-end-Automatisierung für jeden Schritt der Erstellung regulatorischer Reports durch Hyperautomation schafft höchste Genauigkeit und liefert einen vollständigen Audit-Trail, sodass Banken die komplexen regulatorischen Meldepflichten erfüllen können.
- Vermeidung von Betrug & Fehlern durch Echtzeit-Datenanalyse. JP Morgen Chase nutzt KI-gestützte Systeme und reduziert finanzielle Verluste durch Betrug oder menschliche Fehlleistungen durch das Analysieren von Transaktionsdaten und das Erkennen von Anomalien (Dewald, 2024).
- Compliance / Onboarding (KYC/AML). Intelligente Bots prüfen Identitäten, bewerten Risiken und befüllen Systeme autonom, was die Prozessdurchlaufzeiten verkürzt. So konnte die UBS, in dem Sie Ihre Dokumentenverifikation automatisierten, als erste Schweizer Bank vollautomatisch neue Kunden registrieren und legitimieren (Regula, 2025).
- Kundenzufriedenheit & 24/7-Service. Chat- bzw. Voice-Bots beantworten Routinefragen rund um die Uhr und eskalieren komplexe Fälle an menschliche Mitarbeitende. Diese werden schon heute beispielsweise von der Migros Bank verwendet (Huber, 2025).
Fazit und Ausblick
Hyperautomation bietet enormes Potenzial zur Optimierung von Geschäftsprozessen und Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. Führungskräfte, die diesen Ansatz strategisch nutzen, können deutliche Effizienzgewinne erzielen und ihre Organisationen agiler gestalten. Angesichts der dynamischen, technologischen Entwicklungen, insbesondere im Bereich generativer KI, wie z.B. durch LLM-gestützte „autonomous workplace assistants“, welche laut Forrester 10 % aller internen Prozesse unterstützen und menschliche Teams als digitale Kollegen entlasten werden (Le Clair, 2023), bleibt Hyperautomation ein zukunftsträchtiges Feld, welches weiter an Bedeutung gewinnt und kontinuierliche Aufmerksamkeit sowie strategische Investitionen verdient.
Quellen
- Dewald, S. (2024, July 16). Quo Vadis AI in Finance – Nutzung von Künstlicher Intelligenz in Banken & Fintechs: Ein umfassender Überblick. Handelsblatt Live. https://live.handelsblatt.com/quo-vadis-ai-in-finance-nutzung-von-kuenstlicher-intelligenz-in-banken-fintechs-ein-umfassender-ueberblick/
- Gartner. (2025). Hyperautomation. In Gartner IT glossary. Abgerufen am 17. Juni 2025, von Gartner-Website: https://www.gartner.com/en/information-technology/glossary/hyperautomation
- Gersch, Martin & Gueldenberg, Stefan & Güttel, Wolfgang & Renzl, Birgit & Müller-Seitz, Gordon & Schulz, Ann-Christine. (2020). Gestaltungsherausforderungen der digitalen Transformation: Pfade erkennen, gestalten oder verlassen. 10.15358/0340-1650-2020-2-3-44.
- Haleem, A., Javaid, M., Singh, R.P., Rab, S., Suman, R.: Hyperautomation for the enhancement of automation in industries. Sensors international 2, 100124 (1 2021). https://doi.org/10.1016/j.sintl.2021.100124
- Heric, M., Doddapaneni, P., & Sweeney, D. (2024, June 14). Automation scorecard 2024: Lessons learned can inform deployment of generative AI. Bain & Company. https://www.bain.com/insights/automation-scorecard-2024-lessons-learned-can-inform-deployment-of-generative-ai/
- Huber, P. (2025, May 2). KI-Chatbot Bank Schweiz: Welche Banken bieten ihn? Digitalmedia.ch. https://www.digitalmedia.ch/vorsorge/ki-chatbot-bank-schweiz/
- Jiménez-Ramírez, A.: Humans, Processes and Robots: A Journey to Hyperautomation. Springer Science+Business Media (1 2021). https://doi.org/10.1007/978-3- 030-85867-4{1, https://doi.org/10.1007/978-3-030-85867-4_1
- Le Clair, C. (2023, October 26). Predictions 2024: Automation influenced by LLMs, regulators, and enterprise app vendors. Forrester. https://www.forrester.com/blogs/predictions-2024-automation/
- Mathew, A., Alex, H.: Hyper Automation and Augmented Intelligence (1 2023). https://doi.org/10.1109/icssit55814.2023.10060938, https://doi.org/10.1109/icssit55814.2023.10060938
- Regula. UBS – Customer Story (n.d.). https://regulaforensics.com/explore/customer-stories/ubs/
- Safar, M. (2025). Hyperautomation in Finance – Potenziale & Einsatzbereiche. Abgerufen am 18. Juni 2025 von https://weissenberg-group.de/hyperautomation-in-finance-potenziale-einsatzbereiche/
- Sanchis, R., Garcia-Perales, Fraile, F.J.L., Poler, R.: Low-Code as Enabler of Digital Transformation in Manufacturing Industry. Applied Sciences 10(1), 12 (12 2019). https://doi.org/10.3390/app10010012, https://doi.org/10.3390/ app10010012
- Saylam, R., & Sahingoz, O. K. (2013). Process mining in business process management: Concepts and challenges. In 2013 International Conference on Electronics, Computer and Computation (ICECCO) (pp. 131–134). IEEE. https://doi.org/10.1109/ICECCO.2013.6718246
- TIBCO Software Inc. (2025). What is iBPMS? TIBCO Glossary. Abgerufen am 17. Juni 2025.